Buchstäbliches – K
Karl der Große ließ auf seine Münzen die Inschrift „Karolus Imperator“ prägen und lieferte damit eines der vergleichsweise seltenen Beispiele für die Verwendung des Buchstabens K, bevor dieses Zeichen in der Neuzeit etwas gebräuchlicher wurde. In den Schrifttafeln Francersco Crescis von 1569 findet sich zwar ein versales, aber noch kein gemeines K. Obwohl dieser Buchstabe eine jahrtausendealte Tradition nachweist, wird er auch heute in nur wenigen Sprachen verwendet; ein Blick in Wörterbücher romanischer Länder zeigt kaum Eintragungen, und auch im Englischen gibt es nur wenige Wörter, die mit einem K beginnen.
Das semitische Zeichen Kaph bedeutete „offene Hand“ und folgte übrigens schon im damaligen Alphabet auf das Yodh („Hand“). Eine Ähnlichkeit der stilisierten Abbildungen des Zeichens zu dieser Wortbedeutung ist in verschiedenen frühen Schriftsystemen unverkennbar: in der protosinaitischen und in der Sinaischrift, im Kretischen und im Phönizischen.
Das Kaph machte innerhalb der semitischen Schriftsysteme eine durchaus wechselhafte, aber Schritt für Schritt leicht nachvollziehbare Entwicklung durch. Sah es zunächst wie ein grober, nach unten weisender Pfeil aus, so zeigten sich ab dem 9. vorchristlichen Jahrhundert neue Formen, denen ein auf der rechten Seite angebrachter Stamm und ein oder zwei kleine, nach links weisende Häkchen gemeinsam waren. Der Stamm ähnelte noch rudimentär einem Unterarm, die Häkchen symbolisierten die Finger der Hand.
Während die Haken des Kaph bei seinen semitischen Benutzern immer nach links wiesen, wechselten sie bei den Griechen spiegelsymmetrisch ihre Position; eine Umklappung, die sich wie die vieler anderer Buchstaben aus dem Wechsel der Schreibrichtung erklären lässt. Das klassische Kappa gleicht seit dem 5. Jahrhundert der Grundform unseres heutigen K.
Die Römer, die ihre lateinische Schrift über Vermittlung der Etrusker aus dem Griechischen ableiteten, drehten ihr K zunächst wieder nach links, bevor sich im 4. Jahrhundert das K wieder in die uns vertraute Schreibrichtung wendete. Aber erst um die Zeitenwende endeten alle Striche an den Schriftlinien, wie es das ausgefeilte K der Capitalis Monumentalis vorführt.
Obwohl Bestandteil des lateinischen Alphabets, war das K kaum gebräuchlich; neben dem Namen Kaeso beginnen nur Kalendae und Karthago mit diesem Buchstaben, die beide auch alternativ mit einem C geschrieben werden konnten.
Die weitere formale Entwicklung des Zeichens birgt keine Überraschungen. Die Minuskelform gab sich als schlichte Verkleinerung der Majuskel, mit der Halbunziale des 6. und der verschlungenen Luxeuil-Minuskel des 8. Jahrhunderts wurde der Stamm häufig als Oberlänge ausgebildet, wobei in manchen Ausprägungen der angelsächsischen Minuskel sogar noch einmal Beispiele der am oberen Ende angebrachten Haken erschienen. Mit der weitgehend normierten karolingischen Minuskel setzte sich diese Form schließlich endgültig durch.
In den gotischen Buchschriften war beim Übergang zur Textura vor allem die Schließung des oberen Hakens zu einem diagonal ausgerichteten Kästchen bemerkenswert, das später auch die stilistisch gleichartigen Großbuchstaben aufwiesen. Parallel dazu verwendete man die lombardischen Versalien für Satz- und Kapitelanfänge, deren K durch die typischen Zierelemente die charakteristische geschlossene Form erhielt.
Während Antiquaschriften für Versalien die monumentale Capitalis und für die Gemeinen die karolingische Minuskel wiederbelebten, fällt beim gemeinen k zahlreicher späterer gebrochenen Schriften (wie zum Beispiel der Schwabacher) ein bemerkenswerter Rückgriff auf sehr alte Formen auf. Das k gleicht einem t, über dessen Querstrich lediglich ein winziger Haken jenen Unterschied ausmacht, aufgrund dessen in der Entzifferung von Frakturschriften der Ungeübte schon mal lesen könnte: „Wir wollen am Donnerstag unseren Hund taufen.“